"Der Mut wächst mit der Gefahr." Wie wahr, Spiegelberg. Das Experiment, den altehrwürdigen Schiller in einem Stadttheater zusammen mit Bonfire auf die Bühne zu stellen, hätte in die Hose gehen können. Besonders, da die Hardrocker mit der CD-Fassung von "The Räuber" kaum von ihrem leicht verdaulichen, Achtziger-verbundenen Standpunkt abrückten. Zum Teil absonderliche Texte, das war es. Sie sollten sich ja auch nicht verbiegen. Die Schauspieler auch nicht. Nein, das wird fein dem Publikum überlassen. Mutig. Die DVD lässt einen kapieren, warum "The Räuber" in die nächste Spielzeit mitgenommen wird. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Vieles führt einen auf die falsche Fährte. Alleine schon, dass hier Bonfire als Hauptinterpreten erscheinen. Die Aufführungsdauer beträgt drei Stunden; es ist ein kompletter und mitunter auch gewöhnlicher Theaterabend, der einen Teil seiner wertvollen Zeit an das Quintett der lauten Klänge abtritt.
Dann der Begriff Rockoper. Das bessere Stichwort ist Musical. Nicht, weil das Drama zu einem mutiert wäre. Aber die Inszenierung von Pierre Walter Politz hat sich am Büffet des Musiktheaters bedient, um eine für alle schmackhafte Form zu finden. Gesprochene Abschnitte gehen in musikalische über, Leitmotive werden - wenn auch sparsam - herausgefräst. Die Band steht im Geschehen, nicht auf einer isolierten Bühne oder im Orchestergraben. Und die Theatermenschen werden zu Rockinterpreten. Schade nur, dass kaum einer von ihnen das dafür notwendige Organ besitzt. Hätte Karl von Moor (Richard Putzinger) die Stimme eines Claus Lessmann, könnte seine Amalia (Franziska Hartmann) ihre Gefühle über die Melodien gleiten lassen - ein Duett vom Schlage "Love Don't Lie" hätte eine enorme emotionale Sprengkraft besessen. Lediglich Eva Rodekirchen besitzt als Spiegelberg eine aufgedrehte Rocker-Attitüde, von der auch ihre gesangliche Darbietung profitiert.
Auch auf der DVD-technischen Seite gibt es Unvollkommenheiten: Der Rock grätscht an manchen Stellen etwas zu brachial in die Handlung, Schnitte und Bild/Ton-Übereinstimmung sind nicht immer im grünen Bereich. Kleinigkeiten, im Vergleich zu dem eigentlichen Verdienst, mit dem sich "The Räuber" stolz in die kurze Reihe der erfolgreichen Projekte dieser Art einreihen darf. "Die Band soll nicht auf einmal denken: 'Wir müssen jetzt 'Kunst' machen", meint Politz. Nein. Seine Inszenierung gibt ihr die Möglichkeit, auf natürliche Weise ein Teil der Kunst zu werden. Großartig.