Ayo ist auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Oder besser formuliert: Die Soul-Sängerin hat erkannt, dass man die Erfahrungen, die man etwa mit seinen Eltern macht, nicht so leicht verdrängen kann. Und so stellt Ayo ihr Ego und Eitelkeiten hinten an, rückt dafür zwischenmenschliche Verbindungen ins Zentrum ihrer Musik. "Gravity At Last", ihr zweites Album, ist zum einen das Reifezeugnis einer jungen Mutter, zum anderen ein meisterhafter, musikalischer Leckerbissen einer mündigen Künstlerin. ~ Daniel Heim (teleschau) aufklappen »
In gewisser Weise erinnert das Phrasieren Ayos an das der Soul-Kollegin Joss Stone, jedoch ohne deren vokale Kraftakte. Ayos Gesang ist verhaltener. Fast behutsam umschmeichelt sie die analogen Arrangements, für die Jay Newland und sie selbst verantwortlich zeichnen. Sie thematisiert Verlustängste, Einsamkeit, "Love And Hate" und eben auch das Verhältnis zu ihren Eltern. So entpuppt sich ausgerechnet das zunächst melancholisch anmutende "Lonely" als wütend vorgetragener Vorwurf an ihren Vater, der sich ihrer Aussage nach zu oft rar macht. "Sometimes" hingegen ist so traurig geraten, dass selbst gestandene Mannsbilder davon feuchte Augen bekommen.
Ayos Sound ist das passende Gegenstück zu den bodenständigen und emotionalen Themen. Das ist auch ihren überragenden Musikern, wie Larry Campbell, dessen Spiel mit der Pedal-Steel-Guitar für einen immer wiederkehrenden folkigen Charakter sorgt, oder Lucky Peterson, der an der Hammond-Orgel nicht wegzudenken ist, zu verdanken. Die Sängerin selbst spielt die Gitarre, ob akustisch oder elektrisch in bester Songwriter-Manier, und sie lässt es sich nicht nehmen, die volle Verantwortung für die Produktion zu übernehmen. Am Ende siegt die Schwerkraft, egal wie wichtig wir uns nehmen. Ayo verwandelt diese Weisheit in Musik, und das ohne altklug zu wirken.