Bereits 2001 gab es ein Album unter dem kryptischen Namen "A Camp". Wer mehr wissen wollte, dem wurde gesagt, dass es sich um ein Solo-Album der "Cardigans"-Sängerin Nina Persson handelte. Dies war aber nur die halbe Wahrheit, denn gleichberechtigt neben der prominenten Blondine, die damals brünett trug, standen zwei weitere Musiker: Perssons Ehemann, der amerikanische Filmkomponist Nathan Larson und der schwedische Musiker Niclas Frisk, manchen bekannt durch die Band "Atomic Swing". Doch genug der Namenshuberei. "A Camp" aus dem Jahre 2001 war eine der besten Platten des Jahres - auch wenn das damals nicht jeder mitbekommen hat. Großartige, von "guter" Country Music im Stile Lucinda Williams oder Gram Parsons beeinflusste Songs mit einer Nina Persson, die sich fernab jeder Ironie die Seele aus dem Leib sang. 2009 kehren "A Camp" zurück - in gleicher Besetzung zwar, aber mit einem völlig anderen Stil. ~ Eric Leimann (teleschau) aufklappen »
"Wenn das erste Album einen Hauch von Holz und Schnee mit sich brachte, schmeckt das neue nach Elektrizität, gepuderten Perücken und Laudanum" - so heißt es krude übersetzt im englischsprachigen Info zum neuen "A Camp"-Werk mit dem merkwürdigen Namen "Colonia". Irgendwie treffen die gedroppten Assoziationen aber durchaus den Nagel auf den Kopf. Während "A Camp" ein wunderbar erdiges Country-Songwriter-Album war, hat sich das mittlerweile komplett in New York residierende Trio diesmal einen Wall-of-Sound auf den Leib geschneidert, der sich ein bisschen wie eine eklektische Reise durch die letzten 500 Jahre westliche Kulturgeschichte anfühlt.
Von der Französischen Revolution wird da gesungen, von verlorenen Kolonialisten im afrikanischen Dschungel, der merkwürdigen Stimmung des Films "Chinatown", vom Superhelden "Love", der seinen Rivalen Jesus besiegt und einem abgewrackten, aber äußerst attraktiven Rockstar namens "America". Dass "A Camp" zu ihrem dandyesken Ansatz stehen, kann man übrigens auf dem Youtube-Video ihres feinen neuen Songs "Stronger Than Jesus" bewundern, das einen Mitschnitt ihres Auftritt bei den schwedischen Grammys zeigt.
Auch musikalisch drehen Nina, Nathan und Niclas hier das ganz große Rad: von Phil Spectors "Wall of Sound" über romantische Psychedelia à la Mercury Rev bis hin zu traditionellen Spielformen von Soul, Country und Sixties-Pop reicht das Angebot. Die stärksten Songs dürften das bereits erwähnte "Stronger Than Jesus", das Nicolai Dunger-Duett "Golden Teeth And Silver Medals" sowie das betörend spukige "Chinatown" sein. Leider erreichen nicht alle Songs diese Qualität, was auch die opulenten Breitwand-Arrangements nicht verbergen können. Aber dank anderer Musiker, die mit hyperemotionaler Musik derzeit sehr erfolgreich sind - die ebenfalls in New York arbeitenden Acts Rufus Wainwright sowie Antony And The Johnsons dürften Geistesverwandte sein - könnten "A Camp" 2009 mit ihrem neuen Sound auf offenere Ohren treffen als 2001.