Milows plötzlicher Durchbruch ist schon jetzt eine der unwahrscheinlichsten Erfolgsgeschichten des noch jungen Popjahres. Denn wie hoch stehen sonst schon die Chancen, dass ein Singer/Songwriter allerhöchste Chartplatzierungen erreicht? Der noch dazu aus dem eher popexportschwachen Belgien kommt? Dessen musikalische Vorbilder Neil Young und Bruce Springsteen sind? Und wie kommt man als solcher überhaupt auf die Idee, gerade 50 Cent zu covern? Aber eigentlich ist das alles auch egal. Wirklich interessant ist nach dem sensationellen Erfolg von "Ayo Technology" sowieso nur die Frage, ob der Senkrechtstarter auch auf Albumlänge zu überzeugen weiß. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Und diesbezüglich muss man ganz klar feststellen, dass die Hitsingle schon ganz klar den größten Überraschungsmoment des Albums darstellt. Auch nach zig-fachem Hören bleibt der Song ein unaufdringlicher Ohrwurm, mit seinem leicht verschleppten Rhythmus ein Hinhörer und insgesamt in seiner Reduziertheit eine der cleversten Coverversionen seit Langem. Was nach dem Opener folgt, setzt sich aus Songs seiner beiden 2006 und 2008 in Belgien erschienenen Album zusammen und ist im Durchschnitt sehr solide Songwriterkunst.
Und ist dabei nicht einmal wirklich durchschnittlich. Denn Milow vermeidet geschickt allzu dick aufgetragene Genreklischees. Weder verfällt er in Wehleidig- oder Weinerlichkeiten wie James Blunt, noch spielt er sonnengebräunten Strahlemann wie Jason Mraz oder Jack Johnson. Im besten Sinne unaufgeregt sind seine Songs, die abwechselnd Richtung süffiger Westcoast-Countyrock ("Stephanie"), klassischer Folk ("House By The Creek") oder intime Ballade ("Coming Of Age") ausschlagen dürfen. Vor allem aber - und auch das zeigte ja bereits "Ayo Technology" - ist er mit einem wirklich guten Humor gesegnet. In "Canada", einem augenzwinkernden Song, in dem er sich vorstellt, mit Hilfe von Neil Young von dessen Heimat aus die USA zu erobern, bezeichnet er sich denn auch mit Recht als "singing rock'n'roll clown".
Auch deswegen: ein wirklich schönes, wenn auch nicht gleich überraschendes Album. Ob "Milow" aber den genreübergreifenden Pop-Appeal der Hitsingle entwickeln kann und ebenfalls ein großes Publikum erreicht, bleibt erst noch abzuwarten.